Die Klimaschutz-Bewegung greift zu drastischen Mitteln, die in der Bevölkerung nicht immer Zuspruch finden. Betreiben Klima-Akivist* innen die richtige Form des zivilen Ungehorsam? Gert Scobel analysiert konstruktiv die aktuelle Diskussion.
Richard David Precht trifft die Klimaaktivistin Luisa Neubauer. Sie sprechen über Moral, Krieg und Klima-schutz. Und darüber, wie man optimistisch bleibt in schweren Zeiten. Für viele junge Leute spielen moralische Werte heute eine deutlich wichtigere Rolle als für frühere Generationen. Moralische Anschauungen werden eng verbunden mit sozialem, ökologischem, ökonomischem und politischem Handeln. All dies findet sich in der Klimafrage wieder: Was ist eine gerechte Politik und welche Haltung sichert der Menschheit ihr Überleben?
Greta Thunberg ist die Ikone der weltweiten Klimabewegung. 2018, im Alter von 15 Jahren, begann sie in Stockholm für mehr Klimaschutz zu streiken. Greta Thunberg bemängelt, dass die Klimakrise immer noch nicht als wirkliche Notlage behandelt werde. Die Corona-Pandemie habe gezeigt, dass dies durchaus möglich sei. Auch der Krieg dürfe nicht dafür sorgen, dass die Klimakrise aus dem Fokus gerät: „Jeder Krieg ist ein Desaster. Auf ganz vielen Ebenen. Aber wir müssen in der Lage sein, uns mit verschiedenen Dingen zur selben Zeit zu beschäftigen.“
30.09.2023
Sechzigtausend Menschen nahmen laut den Veranstaltern an der nationalen Klimademo in der Stadt Bern teil. Im Kampf gegen die bereits spürbare Klimakrise brauche es radikale Massnahmen, forderten Rednerinnen und Redner vor dem Bundeshaus.
Die Menschenmasse war deutlich zu gross für den Bundesplatz. Viele wichen auf die benachbarten Plätze und die Nebengassen aus, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur Keystone-SDA berichtete. Die Organisatoren von der Klima-Allianz Schweiz gingen von über 60'000 Demonstrierenden aus.
Die Hauptforderung der Kundgebung war Klimagerechtigkeit. Die Klimakrise verschärfe die jetzt schon bestehenden Ungleichheiten auf globaler Ebene noch weiter, hiess es in einem Aufruf. Die Länder des Globalen Nordens verursachten die Krise, deren schlimmsten Folgen zuerst die Menschen im Süden träfen.
«Der Wald brennt, die Arktis schmilzt, die Politik pennt» war auf einem der vielen handgeschriebenen Transparente zu lesen. «Wäre das Klima eine Bank, hätten wir sie längst gerettet», stand anderswo auf einem Stück Karton geschrieben.
Die Klima-Allianz nahm in ihrem Communiqué auch direkt Bezug auf die bevorstehenden eidgenössischen Wahlen. Das «Totalversagen» des Ständerats bei der Revision des CO₂-Gesetzes habe diese Woche gezeigt, dass Neuwahlen überfällig seien. «Es braucht ein Parlament, das die Klimakrise ernst nimmt.»
«Krise spürbar»
Der ungewohnt lange Demonstrationszug führte vom Bollwerk unweit des Bahnhofs Bern zum Bundesplatz. Als die ersten Teilnehmer nach einer Stunde die rund 1.3 Kilometer lange Strecke zurückgelegt hatten, waren die letzten noch nicht einmal gestartet.
Die Demonstrierenden bildeten mehrere Blöcke zu Themen wie Gesundheit, Landwirtschaft und Outdoor-Aktivitäten. Sie wollten so veranschaulichen, dass die Auswirkungen der Klimakrise bereits in allen Bereichen der Gesellschaft spürbar seien.
Jung und Alt
Die Klimajugend führte den bunten und lauten Umzug durch die Stadt an und prägte ihn mit Sprechgesängen wie «Mitspaziere – Solidarisiere». Insgesamt nahmen Menschen jeden Alters sowie viele Familien an der Kundgebung teil.
Sie waren aus der ganzen Schweiz angereist, unter anderem mit sechs Extrazügen. Es gab auch gemeinsame Anfahrten mit dem Velo. Der Verkehr kam in der Berner Innenstadt zeitweise zum Erliegen.
Zur Demo aufgerufen hatte die Klima-Allianz Schweiz. Sie umfasst nach eigenen Angaben über 140 Organisationen aus den Bereichen Umwelt, Entwicklung, Kirchen, Jugend, Gewerkschaften und Konsumentenschutz.
«Wahlen sind überfällig»
Die nationale Klimademo fand 22 Tage vor den nächsten eidgenössischen Wahlen statt. Es war der letztmögliche Termin für eine Grossdemonstration auf dem Bundesplatz: Im Oktober erlaubt die Berner Stadtregierung keine solchen Anlässe mehr.
Ende September 2019, vor den letzten eidgenössischen Wahlen, hatte es ebenfalls eine Klimademo gegeben. Auch damals waren laut den Veranstaltern 60'000 Menschen auf die Strasse gegangen.